Eingetragen am 29.10.2015
Zum 105. Todestag von Henry Dunant
Die Rotkreuzwelt würdigt ihren Gründer. Anlass ist der 105. Todestag Henry Dunants am 30. Oktober 2015. Grund genug sich an diesem Tag an die Person Dunant zu erinnern. Wer war dieser Visionär und Kämpfer für eine menschlichere Welt, dessen Ideen zur Gründung der Internationalen Rotkreuz-Rothalbmondbewegung führten, der größten humanitären Bewegung der Welt?
Eine wohltätige Jugend
Hineingeboren in eine gutbürgerliche religiöse Genfer Familie am 8. Mai 1928, lernte Dunant früh soziales Engagement. Sein Vater war ein erfolgreicher Bankier und Geschäftsmann. Die Mutter half Armen und Kranken in den Genfer Armenvierteln, wohin Dunant sie oft begleitete.
Dunant machte eine Banklehre und war kaufmännisch tätig. Wohltätigen Aufgaben widmete er sich weiterhin. Seine Vision von einem internationalen und interkonfessionellen Werk lebte er im Weltbund der Christlichen Vereine Junger Männer (CVJM), an dessen Satzung er mitgewirkt hatte. Zudem war er Mitbegründer der Evangelischen Allianz in Genf und leitete diese in seiner Funktion als Sekretär bis 1859.
Geburt eines Lebenswerkes
Der Auftrag einer Schweizer Gesellschaft führte ihn 1853 nach Algerien. Dort begann er mit dem Aufbau eines Weizenmühlen-Geschäfts. Weil er die dafür nötigen Landkonzessionen jedoch nichtbekam, plante er diese von Napoleon III persönlich zu erbitten. Er reiste in die Lombardei, wo dieser mit seinen französischen Truppen im italienischen Unabhängigkeitskrieg gegen die Österreicher kämpfte.
Am Abend des 24. Juni 1859 passierte Dunant zufällig das Schlachtfeld in der Nähe von Solferino. 40.000 Soldaten lagen hier noch immer tot oder dahinsiechend. Dunant mobilisierte die Kräftedes angrenzenden Dorfes, die Soldaten medizinisch sowie mit Nahrung und Unterkunft zu versorgen – unabhängig von Nationalität und Seite, auf der die Soldaten gekämpft hatten.
Zurück in Genf, sollten ihn seine Erlebnisse nicht in Ruhe lassen. Drei Jahre später, im Jahr 1862, erschienen Dunants Erinnerungen an Solferino im Eigenverlag. Das an einflussreiche Personenin ganz Europa verteilte Buch war nicht nur sein schonungsloser Bericht über die Ereignisse in Solferino. Dunant entwickelte vor allem Vorschläge zur Gründung von freiwilligen Hilfsgesellschaften sowie zum Schutz und zur Versorgung von Verwundeten und Kranken im Krieg. Seine Idee, eine Hilfsgesellschaft zu gründen, die Verwundete in Kriegszeiten von Freiwilligen pflegen lässt, stieß in ganz Europa auf großes Interesse, sein Buch wurde ein großer Erfolg.
In dem Juristen Gustave Moynier fand Dunant einen vermögenden Partner, der ihm mit dem nötigen Kapital bei der Umsetzung seiner Ideen half. Gemeinsam mit dem General Guillaume-Henri Dufour sowie den Ärzten Louis Appia und Théodore Maunoir gründeten sie 1863 das Internationale Komitee der Hilfsgesellschaften für Verwundetenpflege, seit 1876 bekannt als Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK).
Die erste Genfer Konvention
Dunants Ideen verbreiteten sich weltweit. Auf einer diplomatischen Konferenz im August 1864 unterschrieben zwölf Staaten die erste Genfer Konvention zur Verbesserung des Loses der verwundetenSoldaten der Armeen im Feld, die auf Forderungen aus Dunants Buch zurückgeht und den völkerrechtlichen Grundstein der Rotkreuz-Rothalbmondbewegung bildet. Zehn Artikel legen die Hilfe für verwundete Soldaten sowie den Schutz der an ihrer Versorgung beteiligten Hilfskräfte fest – Rotes Kreuz auf Weißem Grund wurde als Schutzzeichen für Hilfskräfte offiziell bestätigt. In den Genfer Konventionen ist bis heute der humanitäre Auftrag von Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz festgelegt.
Der Abstieg
Aufgrund seines sozialen Engagements vernachlässigte Dunant seine Geschäfte. Das Genfer Handelsgericht verurteilte ihn wegen betrügerischen Bankrotts und besiegelte damit nicht nur seinenwirtschaftlichen, sondern vor allem seinen gesellschaftlichen Abstieg. Als eine Konsequenz schloss man ihn 1867 aus dem Zentralkomitee aus. Dunant lebte folglich in ärmlichen Verhältnissen unter anderem in Paris, Wien und London und geriet in Vergessenheit. Für einige Zeit fand er Aufnahme bei Freunden in Stuttgart. Schließlich erhielt er eine bescheidene Rente und siedelte sich in Heiden an, einem kleinen Schweizer Kurund Erholungsort, wo er ab 1892 in einem Spital lebte. Seine humanitären Ideen auch im Hinblick auf die Gleichberechtigung der Frau oder zum Schutz von Kriegsgefangenen verbreitete er nichtsdestotrotz weiter.
Späte Anerkennung
1895 erschien in einer deutschen Zeitung ein Artikel über den zurückgezogen lebenden Henry Dunant. Der Artikel und die folgenden Nachdrucke in anderen Zeitungen, brachten Dunant als Rotkreuz-Gründer wieder in Erinnerung. Der Wiederentdeckung folgten Sympathiebekundungen und finanzielle Unterstützung aus der ganzen Welt.
Doch die höchste Auszeichnung und Anerkennung seines Lebenswerkes war die Vergabe des ersten Friedensnobelpreises an Henry Dunant am 10. Dezember 1901.
Der Friedensnobelpreis, der seitdem am Todestag Alfred Nobels in Oslo verliehen wird, soll jenen würdigen, der am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen mitwirkt.
Der Humanist Henry Dunant teilte sich den Preis mit Frédéric Passy, Pazifist und bekanntester Vertreter der damaligen Friedensbewegung sowie Gründer der ersten Friedensliga. Dunant setzte sich gegen Gustave Moynier durch, der zusammen mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz ebenfalls nominiert war. Das IKRK sollte den Preis aber in den Jahren 1917, 1944 und 1963 (zusammen mit der Liga der Rotkreuzverbände) verliehen bekommen.
Dunant verbrachte seine letzten Jahre finanziell relativ gesichert, wenngleich geplagt von Ängsten und Verfolgungswahn. Er starb am 30. Oktober 1910 in Heiden. Die Erinnerung an ihn wach zu halten ist kein Abschied, sondern vielmehr der Aufruf, den großen Ideen eines Visionärs auch nach über 100 Jahren weiter zu folgen.
Zum Zeitpunkt seines Todes existierten 37 nationale Hilfsgesellschaften, heute sind es 187 (Stand April 2012). Institutionen tragen seinen Namen. Denkmäler und Gedenktage erinnern und ehren das Werk des Visionärs Henry Dunant. Die auf dem Geist Dunants gründenden humanitären Ideale des Roten Kreuzes führten zur viermaligen Verleihung des Friedensnobelpreises. In 1901 erhilet in Henry Dunant persönlich, in den Jahren 1917, 1944 und 1963 erhielt in das Internationale Komitee des Roten Kreuzes.
mit Textmaterial des DRK – Generalsekretariat Berlin; Bereich Kommunikation & Marketing; Pressestelle anlässlich des Todestages 2010